Kernkraftwerk Leibstadt

Die Schweizer Kernkraftwerke

In der Schweiz sind vier Kernkraftwerke in Betrieb:

Beznau-1, seit 1969Druckwasserreaktor von Westinghouse
Beznau-2, seit 1971Baugleich zu Beznau-1
Gösgen, seit 1979Druckwasserreaktor von Siemens
Leibstadt, seit 1984Siedewasserreaktor von General Electric (BWR-6)

Zusammen erzeugen die Schweizer Kernkraftwerke jährlich rund 25 Milliarden Kilowattstunden Strom. Dies entspricht weit mehr als dem Verbrauch sämtlicher Haushalte. Im Winter kann der Anteil der Kernkraftwerke bis auf gegen die Hälfte der heimischen Stromproduktion steigen.

Im europäischen Vergleich weist die Schweiz damit einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Kernenergie im Strommix auf. 


4 Werke

  • Beznau-1 (365 MW Leistung)
  • Beznau-2 (365 MW Leistung)
  • Gösgen (985 MW Leistung)
  • Leibstadt (1285 MW Leistung)

Die Eigentümer der Kernkraftwerke

Die Schweizer Kernkraftwerke gehören vollständig oder mehrheitlich der öffentlichen Hand, das heisst dem Volk. Denn die Kantone halten die meisten bis sämtliche Anteile an den grossen Schweizer Energieversorgungsunternehmen, denen die Schweizer Kernkraftwerke gehören. Die Besitzerkantone beziehen deshalb Strom zu Tiefstpreisen, teilweise unter dem Marktwert des Stroms, und der grösste Teil der Gewinne aus dem Betrieb der Kernkraftwerke fliesst in ihre Kasse. Vom erfolgreichen Betrieb der Kernkraftwerke profitiert so die ganze Gesellschaft.

Beznau-1 und Beznau-2

Die Kernkraftwerke Beznau-1 und Beznau-2 sind vollständig im Besitz der öffentlichen Hand, über die Axpo Power AG, ein Tochterunternehmen der Axpo Holding AG.

Die Axpo Holding AG gehört zu 100 Prozent neun Kantonen bzw. deren Kantonswerken: Kanton Zürich, Elektrizitätswerke des Kantons Zürich, Kanton Aargau, AEW Energie AG, St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke AG, Elektrizitätswerk des Kanton Thurgaus AG, Kanton Schaffhausen, Kanton Glarus und Kanton Zug.

Kernkraftwerk Gösgen

Das Kernkraftwerk Gösgen ist ein Partnerwerk. An der Kernkraftwerk Gösgen-Däniken AG sind beteiligt:

  • 40% Alpiq AG
  • 25% Axpo Power AG, gehört zur Axpo Holding AG
  • 15% Stadt Zürich
  • 12,5% Centralschweizerische Kraftwerke AG (CKW AG), gehört zur Axpo Holding AG
  • 7,5% Energie Wasser Bern (EWB)

Kernkraftwerk Leibstadt

Das Kernkraftwerk Leibstadt ist ein Partnerwerk. An der Kernkraftwerk Leibstadt AG sind beteiligt:

  • 5,4% AEW Energie AG
  • 27,4% Alpiq AG
  • 22,8% Axpo Power AG
  • 16,3% Axpo Solutions AG
  • 14,5% BKW Energie AG
  • 13,6% Centralschweizerische Kraftwerke AG (CKW)

Kernenergie weltweit

Ende 2019 umfasste der Kernkraftwerkspark 442 Reaktoren in 31 Ländern. Von den 33 betriebsfähigen Kernkraftwerken Japans waren Ende 2019 nur neun am Netz. Die übrigen befanden sich im Betriebsstillstand. Seit dem Reaktorunfall in Fukushima-Daiichi 2011 sind in Japan nach und nach alle einsatzfähigen Kernkraftwerke vom Netz genommen worden. In Japan dürfen Betreiber Reaktoren erst dann wieder anfahren, wenn sie alle Stufen des verschärften Wiederinbetriebnahme-Verfahrens erfolgreich abgeschlossen haben.

Anders als in Deutschland und der Schweiz investieren die meisten Kernenergieländer weiterhin in diese ressourcen- und umweltschonende Technologie. So standen Ende 2019 weltweit 53 Kernkraftwerke in Bau, 11 davon in China.

Nach Fukushima haben viele Länder ihre Kernanlagen sowie ihre Strompolitik überprüft. Die EU-Länder und die Schweiz unterzogen ihre Kernkraftwerke einem Stresstest, um sie hinsichtlich der Erkenntnisse aus dem Unfall in Japan zu prüfen und allfällige Schwachstellen zu beseitigen. In der Schweiz verfügte die nukleare Aufsichtsbehörde Ensi umfangreiche Sicherheitsüberprüfungen. Die Behörde startete einen Aktionsplan, um die Lehren aus Japan in der Schweiz umzusetzen. Diese Arbeiten wurden Ende 2016 abgeschlossen. Die Resultate der Sicherheitsüberprüfungen waren für die Schweiz grundsätzlich positiv, wenngleich einige potenzielle Schwachstellen behoben und Sicherheitsmargen weiter erhöht werden konnten.

Der Hergang des Unfalls in Fukushima wurde weltweit genau analysiert. Dabei kamen die japanische Regierung und eine vom Parlament eingesetzte Kommission zum Schluss, dass die Ursache nicht die Technik an sich, sondern die ungenügende Sicherheitskultur gewesen war: Der zunehmende internationale Wissensstand war nicht – wie etwa in der Schweiz – in technischen Nachrüstungen umgesetzt worden. Wären in der Anlage von Fukushima die internationalen Standards eingehalten worden, wäre der Unfall nicht passiert.

Da es also beim Einhalten der internationalen Standards aus technischer Sicht keinen Grund gibt, auf Kernenergie und ihre bedeutenden Vorteile zu verzichten, setzen fast alle Kernenergienationen ihre zivilen nuklearen Programme fort. Es gibt daneben eine ganze Reihe Länder, die sich überlegen, in die Nutzung der Kernenergie einzusteigen. Bereits mit dem Bau ihrer ersten Kernkraftwerke begonnen haben Bangladesch, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate und Weissrussland. Heute sind gut 130 Kernkraftwerke weltweit in der Projektierungs- oder Bewilligungsphase. Ein bedeutender Anteil dieser Projekte ist in Asien, namentlich in China und Indien, zu finden. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) erwartet deshalb eine bedeutende Zunahme der Kernenergienutzung in dieser Region.

31 Länder

Kernenergie trägt rund zehn Prozent zur weltweiten Stromproduktion bei (Stand Ende 2019). Von den weltweit 31 Ländern, die Kernkraftwerke betreiben, decken 13 Länder – darunter die Schweiz – mehr als einen Viertel ihres Strombedarfs mit Kernkraftwerken. 18 von 36 OECD-Ländern erzeugen Strom mit Kernkraftwerken. Der Anteil der Kernenergie beträgt in diesen Ländern im Schnitt knapp 30 Prozent. Die USA erzeugten im Jahr 2019 mit 96 Anlagen (2 stehen in Bau) am meisten Atomstrom, vor Frankreich (58 Reaktoren), China (47 Reaktoren) und Russland (38 Reaktoren). 

 

 

USA und Westeuropa mit neuer Bautätigkeit

In den USA verabschiedete der Kongress im Sommer 2005 ein neues Energiegesetz, das CO₂-arme Energien fördert und somit auch die Tür für neue Kernkraftwerke weit öffnet. Der Staat straffte das Bewilligungsverfahren und steht bei den ersten sechs neuen Kernkraftwerken für die Mehrkosten gerade, falls sich das Verfahren ohne Verschulden der Bauherrschaft verzögert. Bis Anfang 2010 wurden bei der Aufsichtsbehörde Gesuche für den Bau und Betrieb von total 28 Kernkraftwerken eingereicht. Rund die Hälfte der Anträge wurde jedoch aus wirtschaftlichen Gründen von den Antragsstellern wieder zurückgezogen. Bis Mitte 2018 stimmte die Behörde dem Bau von 14 Kernkraftwerken zu. Nur zwei davon werden derzeit tatsächlich gebaut.

In Europa ist im finnischen Olkiluoto das fünfte Kernkraftwerk des Landes in Bau, ein europäischer Druckwasserreaktor modernster Bauart (EPR). In Finnland sind zudem Vorbereitungen für den Bau eines weiteren Kernkraftwerks am Laufen. Das Land will damit seine Abhängigkeit von russischen Stromlieferungen verkleinern. Ein weiterer EPR steht in Europa seit Ende 2007 in Frankreich am Standort Flamanville in der Normandie in Bau.

Anfang 2008 entschied die britische Regierung, alternde Kernkraftwerke durch neue zu ersetzen. Grossbritannien plant gegenwärtig den Bau von gut 16’000 Megawatt neuer nuklearer Kapazität an acht bereits definierten Standorten. Damit würde das Königreich den Atomstromanteil von heute rund 20 Prozent auf über 40 Prozent verdoppeln. Dies ausdrücklich, um die Abhängigkeit von fossilen Energien und deren klimaschädigenden Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Am weitesten fortgeschritten ist das Bauprojekt vom Hinkley Point im Süden Englands, wo zwei Reaktoren vom Typ EPR gebaut werden sollen.

Die USA fördern alle CO2-armen Energieformen

Hier der Bau eines der zwei neuen Kernkraftwerke am Standort Virgil C. Summer in South Carolina. (Bild: SCE&G)

Osteuropa: von Kohle und Gas zur Kernenergie

Auch mehrere mittel- und osteuropäische Länder setzen auf Kernenergie. Sie wollen ihre Abhängigkeit von Kohle und Erdgasimporten verringern oder ihre bestehenden Kernkraftwerke durch neue, moderne Anlagen ersetzen. So sind in der Slowakei gegenwärtig zwei russische Reaktoren in Bau. Rumänien nahm im Jahr 2007 sein jüngstes Kernkraftwerk in Betrieb (Cernavoda-2, ein kanadischer Candu-Schwerwasserreaktor). Das Land plant, zwei Einheiten desselben Typs mit chinesischer Unterstützung in den nächsten Jahren zu bauen.

Ernsthaft geprüft wird der Neubau von Kernkraftwerken in Bulgarien, Tschechien und Litauen. Auch Ungarn will neue Kernkraftwerke bauen. Es hat deshalb mit Russland 2014 ein Abkommen zu Bau von zwei Blöcken abgeschlossen.

Russland und Asien setzen auf Kernenergie

China stieg spät in die Kernenergie ein: Das Land nahm sein erstes Kernkraftwerk erst Anfang der 1990er-Jahre in Betrieb. Mittlerweile versorgen 43 Kernkraftwerke das Land mit Strom (Stand September 2018). Ihr Anteil an Chinas Strommix beträgt 4%. Diese Zahl wird in den kommenden Jahren stark wachsen: Gut ein Duzend Kernkraftwerke stehen in Bau und drei Duzend sind in fortgeschrittenem Planungsstadium. Bauaktivitäten gibt es auch in Südkorea sowie in Bangladesch, das derzeit seine zwei ersten Kernkraftwerke baut.

Ehrgeizige Ausbauprojekte verfolgen auch Russland und Indien. Russland will jährlich zwei Neubauten in Betrieb nehmen, um mehr Erdgas zu guten Preisen nach Westeuropa exportieren zu können. Ende 2017 standen sieben Reaktoren in Bau, darunter das weltweit erste schwimmende Kernkraftwerk mit zwei kleinen Reaktoren für die Strom- und Fernwärmeversorgung in der russischen Arktis. In Indien waren Ende 2017 sechs Reaktoren in Bau und rund 20 weitere Anlagen waren geplant. Pakistan baut zu den bestehenden vier noch zwei weitere Reaktoren.

Der nahe Osten und Lateinamerika ziehen mit

Bemerkenswert ist auch, dass die Vereinigten Arabischen Emirate, die über grosse Erdölvorkommen verfügen, für die Zukunft auf Kernenergie setzen: Im Sommer 2012 begannen sie mit dem Bau des ersten von vier Kernkraftwerken koreanischer Bauart. Dieses dürfte 2019 die Stromproduktion aufnehmen. Bis 2020/21 sollen alle vier Reaktoren in Betrieb stehen. Auch die Türkei ist dabei, in die Nutzung der Kernenergie einzusteigen. Seit April 2018 steht das erste Kernkraftwerk des Landes am Standort Akkuyu an der Mittelmeerküste in Bau. Vier weitere Einheiten sind im Norden am Standort Sinop geplant.

Der Iran nahm sein erstes Kernkraftwerk 2011 in Betrieb. Das Land will mit russischer Unterstützung weitere Reaktoren bauen. Russische Reaktoren sollen auch in Ägypten gebaut werden, das derzeit keine Kernkraftwerke betreibt. Argentinien, Brasilien, Mexiko und Südafrika bereiten gegenwärtig den Ausbau ihres heutigen Kernkraftwerkparks vor. In Argentinien ging Anfang 2014 das dritte Kernkraftwerk des Landes in Betrieb. Brasiliens drittes Kernkraftwerk soll 2023 die Stromproduktion aufnehmen.


Gute Gründe für neue Kernkraftwerke

Diese Bautätigkeit hat handfeste Gründe:

  • Die Kernkraftwerke aus dem Boom der 1970er-Jahre nähern sich in absehbarer Zeit dem Ende ihrer wirtschaftlichen Betriebsdauer. Ihr Ersatz muss rechtzeitig in Angriff genommen werden.
  • Die Nachfrage nach Strom nimmt weltweit laufend zu, besonders in bevölkerungsreichen Schwellenländern wie Brasilien, China oder Indien, die seit Jahren ein hohes Wirtschaftswachstum zeigen. Gemäss den Schätzungen der amerikanischen Energy Information Administration dürfte sich die weltweite Stromnachfrage bis 2025 praktisch verdoppeln.
  • Die Preisstabilität von Kernenergie, die anders als bei fossilen Energieträgern kaum vom Preis des Brennstoffs abhängt, macht die Kernenergie attraktiv.
  • Die neuen erneuerbaren Energien sind nicht regelbar und produzieren nicht bedarfsgerecht.
  • Der Klimaschutz und die knapper werdenden Rohstoffe sprechen für die praktisch treibhausgasfreie, umweltschonende Kernenergie.

Nach zwei Jahrzehnten mit geringer Bautätigkeit werden heute wieder mehr neue Kernkraftwerke gebaut. Die zahlreichen technischen Entwicklungen im Reaktorbau der letzten Jahrzehnte müssen sich jetzt kommerziell bewähren.

Fossile Energien belasten die Atmosphäre zu stark mit Treibhausgasen. Klimafeundliche Optionen wie die Kernenergie sind jetzt dringend nötig.

 

Klimafreundliche Optionen

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